Eine Reise zu den Wurzeln
Eine Reise zu den Wurzeln

Eine Reise zu den Wurzeln: Sechs Wochen Yoga, Yogatherapie und Spiritualität in Indien
Februar – März 2025
Im Februar und März 2025 begab ich mich auf eine sechswöchige Reise durch Indien – eine Fortbildungsreise, die mir nicht nur neue Orte gezeigt, sondern auch tiefere Einsichten ermöglicht hat. Mein Ziel war es, die Ursprünge des Yoga, bedeutende spirituelle Traditionen sowie kulturelle und therapeutische Kontexte direkt vor Ort zu erleben. Die Reise war für mich als Yogatherapeut nicht nur eine persönliche Bereicherung, sondern auch ein wertvoller Impuls für meine Arbeit.
Mein erster Halt war New Delhi, wo ich die Gedenkstätte Gandhi Smriti besuchte. Der Ort, an dem Mahatma Gandhi seine letzten Lebensstunden verbrachte, wurde für mich zu einem Moment der stillen Einkehr. Ich setzte mich intensiv mit dem Leben und Wirken Gandhis auseinander – seinem gewaltfreien Widerstand, seiner inneren Haltung und seinem tiefen Vertrauen in spirituelle Prinzipien.
Von dort reiste ich weiter nach Dharamsala, das als Zentrum des tibetischen Buddhismus gilt. Der Aufenthalt dort war geprägt von Besuchen im Tempelbezirk des Dalai Lama und stillen Momenten mit Blick auf die Himalaya-Berge. Die Begegnung mit der buddhistischen Lehre von Mitgefühl und Achtsamkeit hat meine Sicht auf spirituelle Heilungsprozesse nochmals erweitert.
Ein weiteres spirituelles Highlight war Amritsar. Der Besuch des Goldenen Tempels, dem heiligsten Ort der Sikh-Religion, hat mich berührt. Besonders eindrucksvoll war die Atmosphäre des gemeinschaftlichen Dienens und Teilens, was beim Langar zum Ausdruck kam. Der Langar ist eine kostenlose Gemeinschaftsküche, in der täglich bis zu 100.000 Menschen unabhängig von Religion, Kaste, Herkunft oder sozialem Status gemeinsam essen.
Er symbolisiert die zentralen Werte des Sikhismus:
- Gleichheit
- Demut
- Dienen (Seva)
- Gemeinschaft
Alle Speisen werden von Freiwilligen zubereitet und serviert. Man sitzt nebeneinander auf dem Boden – als Ausdruck von Bescheidenheit und Gleichberechtigung.
Im Kontrast dazu stand der Besuch des Jallianwala Bagh ganz in der Nähe des Goldenen Tempels, ein Ort des Gedenkens an ein schreckliches Massaker der Briten an friedlich demonstrierenden Indern im Jahr 1919. Hier spürte ich die Narben der Geschichte und die Bedeutung von Frieden und Versöhnung umso stärker.
Der Besuch von Chandigarh stand für mich im Zeichen des modernen Indiens. Die von Le Corbusier Anfang der 1950er Jahre geplante Stadt verkörpert den Versuch, Tradition und Fortschritt in Einklang zu bringen. Chandigarh faszinierte mich mit ihrer architektonischen Vision und dem Bestreben, ein funktionales und doch lebenswertes Umfeld zu schaffen. Es war ein interessanter Kontrast zu den traditionelleren Orten meiner Reise.
In Shimla, der einstigen Sommerresidenz der britischen Kolonialherren, erlebte ich die Spuren des kolonialen Indiens – eine Gelegenheit zur Reflexion über kulturelle Prägungen und Transformationen.
Ein zentrales Ziel meiner Reise war Rishikesh, die sogenannte Welthauptstadt des Yoga. Hier besuchte ich unter anderem den sogenannten Beatles Ashram, offiziell bekannt als Chaurasi Kutia. Dieser skurrile Ort liegt nahe dem Ufer des Ganges und war einst ein Zentrum für Meditation und spirituelle Schulung unter der Leitung von Maharishi Mahesh Yogi, dem Begründer der Transzendentalen Meditation.
Berühmt wurde der Ashram durch den Besuch der Beatles im Jahr 1968. Die Band zog sich damals für mehrere Wochen in die spirituelle Abgeschiedenheit zurück, um zu meditieren, zu komponieren und zur Ruhe zu kommen. In dieser Zeit entstanden über 40 Songs – viele davon wurden später Teil des „White Albums“. Auch Musiker wie Donovan, Mike Love (Beach Boys) und die Schauspielerin Mia Farrow waren Teil dieser inspirierenden Wochen.
Abends nahm ich an der Ganga Aarti teil – ein abendliches Lichtritual am heiligen Fluss. Die spirituelle Energie dieses Ortes war überwältigend, und die Gesänge, die Lichter und die tiefe Ehrfurcht der Menschen schufen eine unvergessliche Atmosphäre.
Mein Weg führte mich schließlich nach Goa. In Goa besuchte ich mehrere Yoga-Retreat-Zentren, darunter einen Ableger des renommierten „The Yoga Institute“ in Mumbai, das 1918 von Shri Yogendraji gegründet wurde und als ältestes Yogaausbildungsinstitut der Welt gilt. Die Kombination aus professioneller Tiefe und entspannter Atmosphäre an einem abgelegenen Ort auf der Insel Chorão im Mandovi-Flussdelta inspirierte mich sehr.
Zum Abschluss verbrachte ich eine Woche in Chennai, wo ich mich mit dem Leben und der Lehre von Swami Vivekananda und Sri Ramakrishna und der Philosophie des Vedanta beschäftigte. Besonders erfüllend war für mich der persönliche Unterricht bei meiner langjährigen Yogalehrerin, der dieser Reise einen sehr individuellen, lebendigen Abschluss verlieh.
Diese sechswöchige Reise durch Indien war eine tiefgreifende Erfahrung. Ich habe nicht nur mein Wissen im Bereich Yogatherapie und Yoga erweitert, sondern auch eine tiefere Verbindung zur spirituellen Essenz dieser alten Tradition erfahren. Die Begegnungen mit unterschiedlichen kulturellen Traditionen, die Besichtigung historischer Stätten und die spirituellen Praktiken haben meinen Blickwinkel erweitert. Ich freue mich, die gewonnenen Erfahrungen und Inspirationen in meine yogatherapeutische Arbeit einfließen zu lassen.